Wer war eigentlich Ludwig Manfred Lommel?

 

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In Jauer in Schlesien (heute: Jawarow, alte Ansichtskarten findet ihr hier) wurde Lommel am 10. Januar 1891 als Sohn eines Tuchmacherfabrikanten geboren und ist in Neukirch an der Katzbach (heute: Nowy Kosciol) aufgewachsen. Während einer kaufmännischen Ausbildung in Bremen (ab 1908), nahm er heimlich Schauspielunterricht. Aufgrund dieser Tatsache sah sich sein Vater gezwungen, dem Sohn die Flausen aus dem Kopf zu treiben und schickte ihn nach Manchester (England), wo der Vater Geschäftsfreunde hatten, die ihn unter strenger Aufsicht hielten. Doch das konnte Lommel nicht abschrecken, seine in der Woll-Branche erarbeiteten Englisch-Kenntnisse in einem Theater (im Prince-Theatre in Shaplin auf der Insel Wight) an den Mann zu bringen. Trotz eines extra zugelegten Pseudonyms "Charles Holmes" wurde die Sache bekannt und Lommel stand ohne die bisher schon geringe finanzielle Unterstützung des Vaters da.


Zurück in Deutschland reiste er "in Fetten und Ölen" und nutzte seine kaufmännischen Kenntnisse. Im ersten Weltkrieg diente Lommel als Reserveoffizier, von dem man sagte, dass er mehr an unterhaltsamen als an kriegerischen Unternehmungen beteiligt war (so imitierte er zum Vergnügen seiner Untergebenen Flugzeugmotoren).


Bereits am 18. April 1916 bekam Lommel sein erstes Kind (Hans) mit seiner ersten Frau Frau Marguerite. Hans Lommel verstarb im Jahr 2000 (dessen Frau Trudy lebt noch).
Sein zweites Kind war Ruth Lommel (*6. Mai 1918), die später in den 40er und 50er Jahren zu einer bekannten Schauspielerin wurde (siehe German Internet Movie Database und bei Kinosessel.de). Ruth Lommel lebt heute in Mönchengladbach.
Später (1. September 1922) folgte dann noch Werner Lommel, der aber bereits im zweiten Weltkrieg umkam.


Nach dem ersten Weltkrieg versuchte Lommel es noch einmal kaufmännisch "in Weinen", jedoch in kürzester Zeit wechselte er zu dem Thema, das ihm am meisten lag, dem Lachen. Er tingelte per Fahrrad durch sein heimatliches Schlesien und erfreute jedes kleine oder größere Dorf mit seiner Ein-Mann-Show als Kassierer, Platzanweiser, Beleuchtungsmeister, Organisator und natürlich Künstler zugleich. Lommel konnte mit seinen Zungenschlägen ganze Hörspielensembles ersetzen und er erfand den Sender "Runxendorf auf Welle 0,5", der durch das Ehepaar Paul und Pauline Neugebauer und den Kutscher Hermann, der auch das Klavier bediente, betrieben wurde. Zu diesem Phantasieort Runxendorf - ein typisches Dorf, das überall in Schlesien hätte existieren können - erfand er die Figuren Paul und Pauline Neugebauer, Kantor Stockschnupfen, Baron Rülps von Knullrich und viele andere. Er interpretierte alle Stimmen selbst und gab jedem eine charakteristische Eigenart. Sein Paul Neugebauer wurde zu schlesischen Till Eulenspiegel.

 


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Als er nach Breslau kam hatte er das unwahrscheinliche Glück, dass man sich dort an neuen Techniken versuchte: Die Schlesische Funkstunde hatte ihre Tätigkeit aufgenommen. Dadurch hatte Lommel das erste Mal ein großes Publikum (ganz Deutschland wurde bestrahlt) und er schlug ein wie eine Bombe, ganz Deutschland lag lachend und weinend vor dem Radio.


In den dreißiger Jahren war Lommel der populärste deutsche Schallplattenhumorist. Er hat auch Bücher geschrieben, hat Filme gedreht, weiterhin Theater gespielt und war ein Jahr Theaterdirektor im Berliner Großen Lustspielhaus in der Friedrichstraße (1938), doch das weiß heute kaum noch einer. 

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Am 21. Dezember 1944 bekam er mit seiner Frau Karla (Karla Lommel Kerchensteiner lebt heute in München, ein 1982 aufgenommenes Interview mit Karla findet man hier) einen Sohn, Ulli Manfred Lommel, geboren in Zielenzig (heute Sulecin), der bereits mit vier Jahren seine Karriere im Show Business begann (siehe German Internet Movie Database). Nach Auftritten in verschiedenen mehr oder weniger charaktervollen Rollen (z.B. unter Russ Meyer als Regisseur), traf Ulli Lommel 1969 den Regisseur und Filmemacher Rainer Werner Fassbinder und schloss sich dessen Schauspiel- und Produktionsteam an. Während er mit Fassbinder arbeitete, übernahm Lommel Schauspielrollen ebenso wie Tätigkeiten als Regisseur, u. a. auch unter den Künstlernamen "Damin Bessinger" und "Mario van Cleef". Seine Werke rangieren von brillant in Szene gesetzten Dramen bis zu schlechten B-Movies mit wenigen künstlerischen Schnörkeln. Neben einer kurzen Romanze mit Anna Karina war Ulli Lommel mit den Schauspielerinnen Suzanna Love und Katrine Schaake verheiratet. Seit 1980 ist Ulli Lommel mit Cookie Amerson verheiratet (Die Homepage von Cookie Lommel ist leider nicht mehr im Netz, aber ihre Bücher sind bei amazon.de erhältlich). Besonders in den USA hat Ulli Lommel eine große Fangemeinde (Auch die Fanpage "The World of Ulli Lommel" ist im Netz nicht mehr erreichbar, aber wer mehr über ihn wissen möchte ist hier und hier gut aufgehoben).


1947 folgte noch Ludwigs jüngster Sohn, Manuel, der heute als freischaffender Kameramann bei verschiedenen deutschen Fernsehsendern tätig ist.


Nach dem zweiten Weltkrieg gastierte er als "Hauptmann von Köpenick" an mehreren deutschen Bühnen, trat im Zirkus auf, unternahm Gastspielreisen und arbeitete für den Nordwestdeutschen Rundfunk (dem Vorgänger des NDR und WDR). In dieser Zeit entdeckte und förderte Ludwig Manfred Lommel diverse noch heute in Funk und Fernsehen bekannte Personen, wie: Anita Kupsch (* 18.05.1940), Gisela Schlüter (* 06.06.1919, † 28.10.1995) oder Ethel Reschke (*24.04.1911, † 05.06.1992), mit denen er auch über Jahre hinweg auf diversen Bühnen auftrat.


Ludwig Manfred Lommel fand nach Bremen, Bad Nauheim und Berlin in Bad Sachsa eine neue Heimat, wo er sich für den Bau eines Kriegsversehrtenheimes einsetzte und eine Hilfsorganisation für Not leidende schlesische Landsleute ins Leben rief. An seinem 65. Geburtstag wurde Lommel dafür mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Er starb am 19. September 1962 während einer Tournee in Bad Nauheim gegen 12 Uhr mittags an einem Herzschlag. Dort in Bad Nauheim ist Lommel auch begraben. Die Stadt hat sogar einen Nachruf auf Lommel ins Netz gestellt.


Teile des Textes stammen von Hans-Günter Martens,
entnommen dem Booklet der Doppel-LP:

Ludwig Manfred Lommel
Das Neueste aus Runxendorf
Aus der Reihe "Der Goldene Trichter"
(C) und (P) 1978 EMI Electrola
Bestellnummer: 1 C 148-28 977/78 M


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